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CD der Woche
CD, LP 
Kettcar "Gute Laune Ungerecht Verteilt "
Die denkbar besten Songs für eine Welt am Scheideweg
Allein mit dem ersten Song könnte man eine Rezension füllen. „Auch für mich die 6. Stunde“ bündelt im Grunde alles, was uns verwöhnte und gleichzeitig von der Angst zerfressene Mitteleuropäer zur Zeit so umtreibt. Gleich zu Beginn eine unerbittliche Salve aus Schlagwörtern: „Mittelmeer, Massengrab, so traurig hier, zynisch da, First-defense-Konferenzen, Zäune bauen, hoch die Grenzen, Kleingeister verachten, Bilder abgestumpft betrachten, Sandstrand, Junge tot, Netflix, Abendbrot.“ Puh. Marcus Wiebusch schwurbelt nicht umständlich herum, sondern schreibt schlichtweg die Songs, die ihm die Zeit diktiert. „Und ob man hier mit Absicht oder aus Versehen ist/ Es gibt keine coole Lösung, wenn man selber das Problem ist“. Man könnte die ganze Rezension mit Song-Zitaten füllen. Okay, einer noch: „All die Türen stehen dir offen/ Sie sind nur alle sehr weit weg/ Das kannst du gern ganz anders hoffen/ Es hat nur keinen Zweck.“ Das ist aus „Doug & Florence“, einer Art Hymne an die Pflegerinnen und Paketzusteller dieser Welt und da hat man „München“, eines der feinfühligsten und brutalsten Lieder über Alltagsrassismus, schon hinter sich, und „Rügen“, eines der wahrhaftigsten Lieder über das Gefühlsleben junger Eltern, noch vor sich. Natürlich sind Kettcar nicht nur die Texte und die Stimme von Marcus Wiebusch, sondern auch eine großartige Rockband, die mit geradlinigem Punch diese Songs mit der ihnen gebührenden Wucht über die Rampe schiebt. Und trotzdem wären sie ohne die gnadenlos scharfsichtige Wahrhaftigkeit der Texte auch nur das: Eine gute Rockband. So aber ist „Gute Laune ungerecht verteilt“ eines dieser seltenen Alben, die man guten Gewissens relevant nennen kann. Musik, die einen Unterschied macht, die schwelende Wunden aufreißt, welche unsere Ängste, die wir immer so schön weglächeln, aus dem Dunkeln ans Tageslicht zerrt – dort, wo wir sie mit sehr viel Tapferkeit und Tatkraft vielleicht überwinden können.
   
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22.06.2012  - Folge uns auf Facebook
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